„David gegen Goliath“ – eine spannende Reise in die Chemie der Superkondensatoren und Redox-Flow-Batterien

Superkondensatoren

Superkondensatoren sind die Energiespeicher der Wahl, wenn es um die schnelle Speicherung oder Bereitstellung größerer Mengen an Energie geht. Die Vorteile der Superkondensatoren sind in ihrer einfachen aber durchaus effektiven Funktionsweise begründet. Der klassische elektrochemische Doppelschicht-Kondensator besteht aus zwei Elektroden, die in eine leitfähige Salzlösung als Elektrolyt eingetaucht werden. Beim Anlegen einer Ladespannung werden die Elektroden gegensätzlich polarisiert, indem Elektronen aus der Pluspol-Elektrode in die des Minuspols gezwungen werden. Die Ionen der Salzlösung streben einen Ausgleich dieser neuen Ladungsverhältnisse an und bewegen sich jeweils zu der Elektrode, die nun die zu ihnen gegenteilige Ladung aufweist. Negativ geladene Ionen (Anionen) wandern dementsprechend zum positiv polarisierten Pluspol und positiv geladene Ionen (Kationen) zum negativ polarisierten Minuspol. Durch die Anlagerung (Adsorption) der Ionen und ihren Solvathüllen an das Elektrodenmaterial entstehen die für dieses Speichersystem namensgebenden elektrochemischen Doppelschichten, in denen die beim Laden zugeführte Energie gespeichert wird.

Superkondensatoren sind nicht nur effiziente Schnellspeicher für elektrischen Strom, sie lassen sich auch mit einfachen Mitteln selbst nachbauen. Dazu werden modifizierte Bleistiftminen als Elektrodenmaterial eingesetzt, die in eine Salzlösung getaucht und mit einer Spannungsquelle verbunden werden.

Abb. oben: Aufbau des Freiburger Superkondensators.

Durch diesen einfachen Aufbau wird nicht nur ein leistungsfähiges, reversibles Energiespeichersystem experimentell umgesetzt, dessen Kenndaten messtechnisch erfasst werden können. Er ist außerdem die Grundlage für viele Folgeversuche, in denen unter anderem die Polarisation der Elektroden und sogar die Ionenadsorption auf phänomenologischer Ebene zugänglich gemacht werden können, um die Funktionsweise dieser hochaktuellen Speichertechnologie sehen und verstehen zu können.

1. Abb. oben: Ionenadsorption experimentell sichtbarmachen
2. Abb. oben: Durchführung von einfachen Redoxreaktionen mit polarisierten Elektroden

Redox-Flow-Batterien

Durch die beschlossene Energiewende der Bundesregierung von 2011 werden Erneuerbare Energiequellen immer weiter ausgebaut. Doch sind Erneuerbare Energiequellen, wie Sonnen- und Windenergie nicht jederzeit abrufbar, sondern eher fluktuativ nutzbar. An sehr sonnigen und windigen Tagen wird der Energiebedarf durch erneuerbare Energiequellen überschritten, an wolkigen und windstillen Tagen (Dunkel-Flauten) kann der Strombedarf jedoch nicht gedeckt werden. Um das Gelingen der Energiewende zu gewährleisten, muss die gewonnene überschüssige Energie gespeichert und bei Bedarf zur Stromnutzung wieder verfügbar gemacht werden. Aus diesem Grund spielen stationäre Energiespeicher eine immer größere Rolle für unsere Gesellschaft.
Redox-Flow-Batterien bieten mit einer unabhängigen Skalierbarkeit von Energie und Leistung, einem modularen Aufbau und kostengünstigen Energiespeichermaterialien das Potential für Energiespeicher im Netzmaßstab. Die besondere Eigenschaft von Redox-Flow-Batterien ist, dass die redox-aktiven Substanzen fließende Medien sind. Dadurch ist es möglich, eine voneinander unabhängige Skalierbarkeit von Energie und Leistung gewährleisten zu können.
Die redoxaktiven Substanzen in Redox-Flow-Batterien liegen gelöst im Elektrolyten vor und die Energie ist somit nicht mehr in den Elektroden, sondern in zwei verschiedenen Flüssigkeiten gespeichert. Daher bezeichnet man den Elektrolyten, welcher beim Entladevorgang oxidiert wird als „Anolyten“ und denjenigen, welcher beim Entladevorgang reduziert wird als „Katholyten“.

Der Einsatz von Redox-FlowBatterien wird für die künftige Speicherung von Energie im Netzmaßstab eine entscheidende Rolle spielen. Daher muss es ein zentrales Anliegen sein, dieses Themenfeld mit künftigen Schülergenerationen experimentell sowie konzeptionell im Chemieunterricht zu erschließen und es in die Schul- bzw. Hochschulcurricula zu implementieren. Der Aufbau einer Redox-Flow-Zelle für den schulischen Einsatz ist jedoch sehr komplex. Zudem werden für eine vollständige Oxidation bzw. Reduktion eines Anolyten/ Katholyten Elektoden mit hohen spezifischen Elektrodenoberflächen benötigt, da die umzusetzenden Ionen an die Elektroden diffundieren müssen.

Materialien aus der Medizintechnik haben sich für einen experimentellen Aufbau einer Hybrid-Redox-Flow-Batterie für die Schule als sehr gut geeignet herausgestellt. Der Vorteil in der Verwendung von Med-Tec-Materialien liegt darin, dass man sehr einfach einen effizienten Elektolytfluss (flow) erzeugen kann.
Um Ladungsverluste durch eine direkte Reaktion zwischen Anode und Katholyt in Hybrid-Redox-Flow-Batterien zu verhindern, werden diese räumlich durch eine Membran voneinander getrennt. Dies macht jedoch den Aufbau der Batterien mit Blick auf den schulischen Einsatz wieder recht komplex. Unsepariert würde die Reaktion in einer Zink-Fe3+-Hybrid-Redox-Flow-Batterie zwischen Fe3+- Ionen und elementarem Zink direkt ablaufen und die Batterie sich somit selbst entladen. Die Selbstentladung in unserem hybriden Redox-Flow-Ansatz kann durch die Verwendung von Zinkelektroden mit geringer Oberfläche (z.B. ein Zinkblech) verringert werden. Derartige membranlose Hybrid-Redox-Flow-Systeme werden auch für den kommerziellen Einsatz diskutiert und intensiv beforscht.

Abb. oben: Schematische Darstellung des Versuchsaufbaus der Freiburger Hybrid-Redox-Flow-Batterie im Med-Tec-Ansatz.

Das Reaktionsgefäß ist eine Kunststoffspritze, in welcher der Elektrolyt mithilfe einer Modellbaupumpe durch einen Graphitfilz zirkuliert. Der Graphitfilz wird von außen mit einer Bleistiftmine elektrisch kontaktiert. Als Elektrolyt wird eine angesäuerte FeSO4- Lösung, versetzt mit Natriumthiocyanat, verwendet. Sobald man das System lädt, kann man sehr schnell eine Rotfärbung des Elektrolyten feststellen und beim Entladeprozess eine ebenso rapide Entfärbung des Elektrolyten.

Abb. oben: Ladevorgang einer Hybrid-Redox-Flow-Batterie auf Basis von metallischem Zink und einer Fe3+-Lösung; links: Vor dem Ladevorgang, Mitte: Nach 1 Minute, rechts: Nach 2 Minuten.

Abb. oben: Entladevorgang einer Hybrid-Redox-Flow-Batterie auf Basis von metallischem Zink und einer Fe3+-Lösung per Kurzschlussstrom; links: Vor dem Entladevorgang, Mitte: Nach 3 Minuten, rechts: Nach 4 Minuten.

Diese effiziente und leistungsstarke Batterie ermöglicht es, durch die Farbänderung des Elektrolyten den Ladezustand des Akkumulators wahrzunehmen.
 

Abb. oben: Schematische Darstellung des Ladevorgangs der Freiburger Hybrid-Redox-Flow-Batterie auf Basis von elementarem Zink und einer Fe3+-Lösung.

Abb. oben: Schematische Darstellung des Entladevorgangs der Freiburger Hybrid-Redox-Flow-Batterie auf Basis von elementarem Zink und einer Fe3+-Lösung.

Auch andere Systeme sind von großem Interesse. Beispielsweise haben Redoxindikatoren, wie Methylenblau, Safranin oder Indigocarmin im oxidierten Zustand eine andere Farbe als im reduzierten. Redoxindikatoren können für Redox-Flow-Batterien nicht nur aufgrund ihrer Farbe sehr interessant werden, sondern auch aufgrund der Tatsache, dass man sie an Tagen mit Dunkel-Flauten wieder sehr einfach laden kann. Auch diese Redoxindikatoren und weitere didaktisch interessante Systeme werden im workshop präsentiert und erforscht werden.
Zum Themenfeld der Redox-Flow-Batterien gehört zudem die Realisierung einer hochleistungsfähigen Full-Redox-Flow-Batterie, einer hybriden Redox-Flow-Batterie mit integrierter Membran sowie ein Aufbau, bei dem ein separater Tank integriert ist, um Schülern den Vorteil der unterschiedlichen Skalierbarkeit von Energie und Leistung bei Redox-Flow-Batterien zeigen zu können.