Interview mit dem DDR-Zeitzeugen Andree Kaiser (14. Juli 2022) an der PH Freiburg

Andree Kaiser (geb. 1964) wuchs in Ostberlin auf. Schon als Schüler wehrte er sich gegen staatliche Gängelungen hinsichtlich der Militarisierung des Schulbetriebs oder der fehlenden Freiheit bei der Berufswahl. 1982 plante der damals 17-jährige Kaiser gemeinsam mit einem guten Freund (dem später auch in der Bundesrepublik bekannten Eishockeyspieler und -trainer Thomas Popiesch) die Flucht in den Westen. Ohne eine genaue Kenntnis der Technik der Grenzanlagen und auf Basis einer Karte aus einem Schulatlas hatten die beiden kaum eine Chance und wurden an der tschechisch-österreichischen Grenze gefasst. Wegen „versuchter Republikflucht im schweren Fall“ wurden die beiden Jugendlichen daraufhin zu drei (Kaiser) und vier Jahren (Popiesch) Haft verurteilt. Die beiden Freunde wurden getrennt und mussten entgegen ihren Hoffnungen die verhängten Strafen in verschiedenen Gefängnissen vollständig absitzen. Im Falle Kaisers war dies vor allem die Haftanstalt Hohenschönhausen. (https://www.stiftung-hsh.de/)

Erst im Rahmen eines späteren Freikaufs kam Kaiser 1986 schließlich nach West-Berlin. Dort – das wird in den vorliegenden Interviews nicht thematisiert – schloss er seine zuvor schon in der DDR begonnene Ausbildung als Fotograf ab und war in diesem Metier später außerordentlich erfolgreich. Seit 1988 arbeitete er als Fotojournalist in verschiedenen Ländern für internationale Magazine. Für seine Reportagen zusammen mit Roy Gutman über den Bosnien-Krieg (1992-93) erhielt er den Pulitzer-Preis.

Heute wohnt Andree Kaiser mit seiner Familie in Freiburg im Breisgau und betreibt dort seit Kurzem zusätzlich zu seiner Arbeit als Fotograf den Laden „Rettich & Friends“.

Andree Kaiser

Literatur:

Andree Kaiser (Hg.), Nur raus hier! 18 Geschichten von der Flucht aus der DDR. 18 Geschichten gegen das Vergessen, geschrieben von Florian Bickmeyer, Jochen Brenner u. Stefan Kruecken. Hollenstedt 2014

Maya Hinz u. Leah Sachs, DDR-Zeitzeuge zu seinem Fluchtversuch: "Nach dem ersten Zaun war Schluss", in: Badische Zeitung 30.10.2020

https://www.badische-zeitung.de/ddr-zeitzeuge-zu-seinem-fluchtversuch-nach-dem-ersten-zaun-war-schluss--197215352.html

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Dreharbeiten in den Räumlichkeiten der Pädagogischen Hochschule Freiburg

 

Die vorliegenden beiden für den Geschichtsunterricht geeigneten Interviewfilme (nebst Unterrichtsmaterialien) entstanden im Sommersemester 2022 im Rahmen des von Prof. Dr. Felix Hinz geleiteten Masterseminars „Zeitzeug*innen im Geschichtsunterricht“ und wurden von Studierenden der Albert-Ludwigs-Universität Freiburg sowie der Pädagogischen Hochschule Freiburg angefertigt.

Die Videos haben eine Länge von 25 und 29 Minuten und sind in Kombination mit den zusätzlichen Lehrmitteln jeweils in einer 45minütigen Unterrichtsstunde einsetzbar.

Interviewfilme:

1. Jugendalltag in der DDR (25 Min.)

2. Flucht und Haft (30 Min.)

dazugehörige Materialien für den Geschichtsunterricht:

1. Sekundarstufe I

2. Sekundarstufe II

Andree Kaiser ist offizieller Zeitzeuge für die DDR-Geschichte, ist in dieser Funktion allerdings nicht so oft tätig, dass sich seine Erzählungen routiniert hätten. Die Fragen lagen ihm vorab nicht vor, so dass seine Antworten als spontan gewertet werden können. Die Videos sind nur sehr behutsam und kenntlich gekürzt – ohne inhaltlichen Sinnverlust und nur jeweils um wenige Sekunden.

Wir danken Andree Kaiser, dass er uns für dieses Projekt so bereitwillig zur Verfügung stand!