Bambusfahrrad

Meine Modul-3-Arbeit ist ein Fahrrad aus Bambus, das von der Rahmengeometrie genau auf mich abgestimmt ist. Die Arbeit umfasst sowohl die Planung der Rahmengeometrie, als auch die Recherche der verwendeten Materialien, sowie den Bau des Rahmens. Dieser besteht aus Bambusrohren, Aluminium für die Ausfalleden und Lageraufnahmen sowie die Faserverbundwerkstoffe GfK und CfK zum Verbinden der einzelnen Rohre.

Ein Fahrrad aus Holz, oder biologisch genauer gesagt sogar aus Gras, ist das möglich?

Bambus gehört weltweit zu den am schnellsten Wachsenden Pflanzen und zählt zu den Grasgewächsen. Seine enorme Stabilität ist manchem vom Gerüstbau in asiatischen Ländern bekannt, doch reicht seine Festigkeit auch aus, um daraus ein Fahrrad zu bauen?

Über eine aufwendige Recherchearbeit habe ich verschiedene Materialtests von Universitäten gefunden, die die Festigkeit von Bambus genauer untersucht haben. Die Zugfestigkeit liegt bei mindestens 14,8 kN/cm², die Druckfestigkeit bei min. 3,9 kN/cm², die Biegefestigkeit bei min. 7,6 kN/cm² und das ganze bei einer Dichte von nur ca. 1,15 g/cm³. Aluminium hat ungefähr die dreifache Dichte von Bambus, und auch die dreifache Festigkeit. Baut man also einen Rahmen aus Bambus, der das gleiche Gewicht hat wie ein Aluminiumrahmen, hat dieser auch die gleiche Festigkeit (unter der Voraussetzung, dass die Festigkeit proportional zum Gewicht steigt).

Bezogen auf die Festigkeit muss es also möglich sein, ein Fahrrad aus Bambus herzustellen. Für die Realisierung ist dann aber eine aufwendige Recherche und Planung der Geometrie nötig. Mit Rattle-CAD, einem CAD-Programm speziell zur Erstellung von Fahrradrähmen, habe ich mein Bambusfahrrad entworfen und diesen Plan Stück für Stück an die Gegebenheiten des Materials und der verwendeten Komponenten angepasst. Gerade hier musste ich viel über die Fahrradtechnik recherchieren. Wie ist es möglich, selbst einen Rahmen zu bauen, an dem dann später normale, handelsübliche Fahrradkomponenten montiert werden können? Welche Standards müssen dafür eingehalten werden?

Als die Rahmengeometrie soweit fertig war, habe ich zuerst in NCCAD, später dann in Inventor die Ausfallenden konstruiert. Als Ausfallenden werden die Bauteile eines Fahrrads genannt, die später das Hinterrad aufnehmen. Der Bremssattel der hinteren Scheibenbremse wird auch am Ausfallende befestigt, genau so wie Gepäckträger und Schutzbleche. Das Ausfallende ist dadurch ein aufwendiges Teil, welches sowohl die Brems- wie auch Beschleunigungsmomente auf-, bzw. übertragen muss und dazu diverse Maße beachtet werden müssen wie zum Beispiel die exakte Position des Bremssattels, welcher später exakt über der Bremsscheibe sitzen muss. Die fertig konstruierten Ausfallenden habe ich dann in Flugzeugaluminium an der KOSY gefräst.

Während der Planungsphase habe ich bereits alle Fahrradkomponenten (alle gebraucht bis auf Schutzbleche und Gepäckträger) und die Rahmenwerkstoffe gekauft. So konnte ich nach der Planung direkt mit der Fertigung des Rahmens loslegen. Für den Bau des Rahmens habe ich eine Rahmenlehre konstruiert, die alle Rahmenteile so fixiert, dass sie in der passenden Lage mit Epoxidharz zusammengefügt werden können.

Um die Verbindungsstellen so zu verstärken, dass sie auch die dynamischen Kräfte während des Fahrens aufnehmen können, habe ich hier mit Faserverbundwerkstoffen (GfK und CfK) gearbeitet und die Verbindungsstellen jeweils handlaminiert. Der fertige Rahmen ist komplett mit Bootslack behandelt und auf den laminierten Stellen habe ich schwarzen Lack aufgebracht.

Die spannendste Phase war der Anbau der Fahrradkomponenten. Passt auch wirklich alles so in den Rahmen, wie es sein sollte? Stimmt die Kettenlinie, lassen sich die Tretkurbeln, die Gabel und die Laufräder einbauen?

Aufgrund der aufwändigen Recherche der Einbaumaße hatte ich das große Glück, dass alles auf Anhieb perfekt gepasst hat.

Der ersten Testfahrt stand also nichts mehr im Wege. Mittlerweile bin ich mit dem Bambusfahrrad knapp 3000 km gefahren und bin mehr als zufrieden damit. Es ist ein tolles Gefühl, auf einem Fahrrad zu fahren, an dem alles selbst entwickelt und gebaut wurde.