Gender, Ethnicity and Entrepreneurship
Status: abgeschlossen
Bearbeitung: Robert Pütz und Verena Schreiber
Projektförderung: Frauenbüro der Universität Mainz u. a.
Publikationen:
- Pütz, Robert, Verena Schreiber und Isabel Welpe (2006): Ethnicity, gender and entrepreneurship: Turkish Entrepreneurs in Germany.In: L. Dana (Hrsg.): Handbook of Research on Ethnic Minority Entrepreneurs. Cheltenham, S. 488-510.
- Schreiber, Verena (2008): Gender in Transition: The Entanglement of Gender and Ethnicity in Biographies of Female Entrepreneurs of Turkish Background.In: A. Al-Hamarneh und J. Thielmann (Hrsg.): Islam and Muslims in Germany. Leiden, S. 489-508
Projektbeschreibung:
Selbstständigkeit von Frauen mit Migrationshintergrund ist ein Thema, das in der aktuellen Immigrant-Business-Forschung zunehmend an Bedeutung gewinnt. Dies ist darauf zurückzuführen, dass Frauen in den letzten Jahren vermehrt eigene Unternehmen gründen. Gegenwärtig gehen wir von mehr als 10.000 türkischstämmigen Unternehmerinnen in Deutschland aus. Um dieser ansteigenden Zahl von Unternehmensgründungen von Frauen theoretisch-konzeptionell gerecht zu werden, wird die Kategorie Geschlecht in Forschungsansätze zu Immigrant-Business integriert und häufig als Schlüsselkategorie zur Erklärung unterschiedlichen Unternehmerverhaltens heran gezogen – häufig mit dem Ziel, „typisch weibliche“ Verhaltensmuster, Lebens- und Arbeitsbedingungen offen zu legen.
Diese Beobachtung bildete den Ausgangspunkt für das Projekt „Gender, Ethnicity and Entrepreneurship“, das sich kritisch mit solchen Erklärungsansätzen für unternehmerisches Handeln von Frauen mit Migrationshintergrund auseinander setzte. Es wurde das Ziel verfolgt, für den konstruktiven Charakter von Geschlecht und Ethnizität in alltäglichem Handeln zu sensibilisieren. Das Projekt nahm vor diesem Hintergrund zwei Bereiche in den Blick:
- Durch die Einbeziehung (de-)konstruktivistischer Konzepte der Frauen- und Geschlechterforschung in die Immigrant-Business-Forschung wurde ein Perspektivenwechsel angestoßen – weg von einer Fokussierung auf die Besonderheiten türkischstämmiger Unternehmerinnen, hin zur Frage, wie Geschlechterdifferenzen in unternehmerischem Handeln hergestellt und gefestigt werden. Denn Geschlecht ist eine fortwährende soziale Leistung von Individuen, die in jeder Handlung hergestellt werden kann (doing gender).
- Zweitens wurde an Konzepte der „Trans-Differenz“ (z.B. Transkulturalität, Trans-Gender) angeschlossen, die eine pluralistische Perspektive eröffnen und die wechselseitige Überlagerung von sozial konstruierten Zugehörigkeiten thematisieren. In unternehmerischem Handeln von Frauen mit Migrationshintergrund werden nicht nur geschlechtliche Zugehörigkeiten in Wert gesetzt. Vielfach kommt es zu einer Überlagerung mit ethnischen Aspekten. Das Projekt ging dieser Beobachtung nach und analysierte, wie in der konkreten Handlungspraxis sozial konstruierte Zugehörigkeiten wie Geschlecht und Ethnizität miteinander verwoben werden.
Der Zugang zur Rekonstruktion von Grenzziehungen entlang geschlechtlicher und ethnischer Kategorien wurde über narrative Interviews mit türkischstämmigen Unternehmerinnen gewählt. Die Analyse des komplexen Entwurfs einer Biographie ermöglichte eine kontextualisierte Reflexion von Herstellungspraktiken von Geschlecht und Ethnizität, denn das „Konstrukt“ Biographie ist immer zugleich auch eine Konstruktion von sozialen Zugehörigkeiten und kann als solches analysiert werden.