Fachliche Bildung im Sportunterricht

Helga Leineweber (DSHS Köln), Ilka Lüsebrink (PH Freiburg), Vera Volkmann (Uni Hildesheim) & Petra Wolters (Uni Vechta)

Fachlichkeit als zentrale Dimension von Unterricht konstituiert sich über die jeweilige Fachspezifik, die wiederum eingebettet in den historisch gewachsenen und keineswegs unhinterfragten Fächerkanon nicht nur organisationale Funktionen hat. Sie ist vielmehr darüber hinaus auch als soziales Phänomen zu betrachten (vgl. Huber, 2001). Die Modellierung der Fachlichkeit oszilliert dabei – spätestens seit den großen Vergleichsstudien – zwischen der Herausstellung der Fachspezifik und der Herstellung von Vergleichbarkeit mit anderen Fächern – nicht zuletzt durch die Bemühungen, ein Modell zu finden, das begründet, welche Rolle die einzelnen Fächer für die Allgemeinbildung spielen (vgl. z.B. Baumert, 2002; Tenorth, 2008).

Für Fächer wie Sport, deren zentraler Bezugspunkt nicht in einer (oder mehreren) wissenschaftlichen Disziplin(en) besteht, sondern in einer kulturellen Praxis, ist die Frage nach der Bedeutung dieser Praxis für die Konstruktion von Fachlichkeit von besonderer Relevanz.

Im Rahmen des Projekts sollen zunächst Auffassungen zur fachlichen Bildung im Unterrichtsfach Sport rekonstruiert und analysiert werden. Dies erfolgt auf drei Ebenen:

  1. Ebene fachdidaktischer Konzepte (z.B. Franke, 2008; Laging, 2018; Schierz & Thiele, 2013)
  2. Ebene von Lehr- und Bildungsplänen
  3. Ebene des realen Unterrichtsgeschehens

Ergänzt werden diese Perspektiven durch eine historische Analyse, um die Hintergründe und spezifischen Rahmenbedingungen der Etablierung des Sportunterrichts als Schulfach rekonstruieren zu können. Ebenso ist auch der Rückgriff auf allgemeindidaktische (vgl. Martens et al., 2018) sowie fachdidaktische Überlegungen anderer Fächer (z.B. Musik, Kunst, Religion) aufschlussreich in Hinblick auf weiterführende konzeptionelle Überlegungen von fachlicher Bildung im Sportunterricht.

Literatur

Baumert, J. (2002). Deutschland im internationalen Bildungsvergleich. In N. Kilius, J. Kluge & L. Reisch (Hrsg.), Die Zukunft der Bildung (S. 100-150). Suhrkamp.

Franke, E. (2008). Erfahrungsbasierte Voraussetzungen ästhetisch-expressiver Bildung – zur Entwicklung einer domänenspezifischen „Sprache“ physischer Expression. In E. Franke (Hrsg.), Erfahrungsbasierte Bildung im Spiegel der Standardisierungsdebatte (S. 197-215). Schneider Verlag Hohengehren.

Huber, L. (2001). Stichwort: Fachliches Lernen. Das Fachprinzip in der Kritik. Theodor Schulze zum 75. Geburtstag gewidmet. Zeitschrift fürErziehungswissenschaft, 4 (3), 307-331. URL: https://doi.org/10.1007/s11618-001-0040-0

Laging, R. (2018). Fachliche Bildung im Sportunterricht. Basiskonzepte des Sich-Bewegens als didaktische Strukturierung des Gegenstands im Sportunterricht. In R. Laging & P. Kuhn (Hrsg.), Bildungstheorie und Sportdidaktik (S. 317-342). Springer Fachmedien.

Martens, M., Rabenstein, K., Bräu, K., Fetzer, M., Gresch, H., Hardy, I. & Schelle, C. (Hrsg.). (2018). Konstruktionen von Fachlichkeit. Ansätze, Erträge und Diskussionen in der empirischen Unterrichtsforschung. Klinkhardt.

Schierz, M. & Thiele, J. (2013). Weiterdenken – umdenken – neu denken? Argumente zur Fortentwicklung der sportdidaktischen Leitidee der Handlungsfähigkeit. In H. Aschebrock & G. Stibbe (Hrsg.), Didaktische Konzepte für den Schulsport (S. 122-147). Meyer & Meyer.

Tenorth, H. (2008). Sport im Kanon der Schule – die Dimension des Ästhetisch-Expressiven: über vernachlässigte Dimensionen der Bildungsdebatte und -theorie. In E. Franke (Hrsg.), Erfahrungsbasierte Bildung im Spiegel der Standardisierungsdebatte (S. 163-179). Schneider-Verlag Hohengehren.