ProBiKlima – Forschungs- und Nachwuchsgruppe Bildung zum Klimawandel

Um wirksame Maßnahmen zur Verbesserung der Klimabildung zu entwickeln, ist es nötig, zunächst den Ist-Zustand zu erfassen: Wie gut kennen sich Jugendliche mit dem Thema Klimawandel aus? Verfügen sie über ausreichend Grundwissen zum Klimasystem, um den Klimawandel und seine Folgen zu verstehen? Können sie mit Informationen zu wissenschaftlichen Erkenntnissen umgehen, daraus Schlussfolgerungen ziehen und dabei Fakten von Meinungsäußerungen unterscheiden?
Im Projekt ProBiKlima entwickeln wir einen Kompetenztest, der diese zentralen Aspekte einer Klimagrundbildung, also einer „Climate Literacy“ computergestützt erfassen soll. Angelehnt an die großen PISA-Erhebungen liegt der Fokus hier weniger darauf, abzuprüfen, ob die Jugendlichen bestimmte Fakten kennen und wiedergeben können. Vielmehr soll überprüft werden, ob sie ihr Wissen bei der Lösung klimarelevanter Probleme anwenden können.

Da Klimabildung nicht in einem einzelnen Schulfach behandelt wird, sondern klimarelevante Themen in vielen, wenn nicht sogar allen Fächern eine Rolle spielen, werden die Aufgaben für den Kompetenztest von einem interdisziplinären Team aus Fachwissenschaftler*innen und Fachdidaktiker*innen verschiedener Disziplinen (Geographie, Biologie, Physik, Technik, Politik, Wirtschaft, Theologie, Ernährung und Konsum sowie Mode und Textil) erstellt.
Allerdings entscheiden nicht das Wissen und die Fähigkeit, dieses Wissen auf Probleme anzuwenden allein unser Handeln. Stattdessen wird klimarelevantes Verhalten auch durch weitere Merkmale, wie Einstellungen und Motivation beeinflusst. Um zu untersuchen, wie diese Faktoren zusammenwirken, sollen in dem Test auch Fragebögen zu Motivation und Einstellungen sowie zum selbstberichteten Verhalten zum Einsatz kommen.

Ziel des Projektes ist die Erstellung und Validierung des Messinstruments in der Zielgruppe der Schüler*innen der 9. Klasse aller Schularten in Baden-Württemberg. Bei erfolgreicher Validierung kann der Kompetenztest anschließend im großen Maßstab eingesetzt werden, um national den Bedarf nach weiteren Maßnahmen zur Klimabildung zu ermitteln, sowie den Erfolg solcher Maßnahmen zu überprüfen.

Das Projektteam

Prof. Dr. Werner Rieß  (Gesamtleitung)
PH Freiburg, Institut für Biologie und Ihre Didaktik

Prof. Dr. Josef Künsting (Methodische Leitung)
PH Freiburg, Institut für Psychologie

Monika Martin, M. Sc. Psychologie
PH Freiburg, Institut für Biologie und Ihre Didaktik

Magdalena Stadler, M.A. Soziale Arbeit
PH Freiburg, Institut für Psychologie

Dr. Roman Asshoff (Biologie)
Universität Münster, Zentrum für Didaktik der Biologie

Prof. Dr. Ute Bender (Ernährung und Konsum)
PH Freiburg, Institut für Alltagskultur, Bewegung und Gesundheit

Prof. Dr. Franziska Birke (Wirtschaft)
PH Freiburg, Institut für Berufs- und Wirtschaftspädagogik

Prof. Dr. Astrid Carrapatoso (Politik)
PH Freiburg, Institut für Politik- und Geschichtswissenschaft

Prof. Dr. Anne-Marie Grundmeier (Mode und Textil)
PH Freiburg, Institut für Alltagskultur, Bewegung und Gesundheit

Prof. Dr. Christian Höger (Theologie)
Universität Luzern, Theologische Fakultät, Religionspädagogisches Institut

Prof. Dr. Stephan Schuler (Geographie)
PH Ludwigsburg, Institut für Sozialwissenschaften – Fachbereich Geographie

Jun.-Prof. Dr. Martin Schwichow (Physik)
PH Freiburg, Institut für Chemie, Physik, Technik und ihre Didaktiken

Prof. Dr. Jennifer Stemmann (Technik)
PH Freiburg, Institut für Chemie, Physik, Technik und ihre Didaktiken

Erreichte Meilensteine

In den ersten Monaten haben wir zunächst in Anlehnung an bestehende Konzeptionen (z.B. Scientific Literacy in PISA) ein Kompetenzmodell entwickelt und damit zentrale Inhalte und Fähigkeiten festgelegt, die durch den Test erfasst werden sollen. Die inhaltliche Dimension wird dabei durch 12 Basiskonzepte bestimmt, die jeweils essenzielle Aspekte einer grundlegenden Klimabildung darstellen. Diese Basiskonzepte wurden im interdisziplinären Team diskutiert und formuliert und anschließend von externen Expert*innen aus verschiedenen Bereichen der Klimaforschung validiert. Die relevanten Fähigkeiten lassen sich in vier Kompetenzbereiche einteilen, die neben den Inhalten die Grundlage für die Aufgabenerstellung bilden.

Im Frühjahr 2022 haben wir in Zusammenarbeit mit Fachdidaktiker*innen und Fachwissenschaftler*innen neun verschiedener Disziplinen (Biologie, Geographie, Ernährung und Konsum, Mode und Textil, Religion, Physik, Politik, Technik, Wirtschaft) insgesamt ca. 180 Testaufgaben zu unterschiedlichen Themen im Zusammenhang mit dem Klimawandel entwickelt. Die Aufgaben knüpfen möglichst nah an der Lebenswelt der Schüler*innen an und sollen eine große Bandbreite an Schwierigkeiten abdecken. Während des Entwicklungsprozesses haben wir die Aufgaben mit Schüler*innen in neunten Klassen überprüft. Der Fokus lag hierbei darauf, ob die Aufgaben verständlich formuliert sind, die Distraktoren plausibel sind und ob die Aufgaben in der dafür vorgesehenen Zeit bearbeitet werden können. Dabei wurde unter anderem die Methode des „Lauten Denkens“ genutzt, die es ermöglicht, Einblicke in kognitive Strategien der Schüler*innen bei der Aufgabenbearbeitung zu erhalten.

Im Anschluss wurde der computerbasierte Kompetenztest in zwei Pilotierungsstudien (Ende 2022 und Frühjahr 2023) von jeweils ca. 350 Zehntklässler*innen an verschiedenen Schulen in Baden-Württemberg bearbeitet. Die Pilotierungen dienten unter anderem zur Ermittlung von Aufgabenschwierigkeiten und Bearbeitungszeiten. Außerdem konnten einzelne Items identifiziert werden, die für einen weiteren Einsatz des Kompetenztests überarbeitet oder entfernt werden mussten. In Zusammenarbeit mit den Fachdidaktiker*innen und Fachwissenschaftler*innen der unterschiedlichen Disziplinen wurden diese Testaufgaben angepasst sowie einzelne neue Aufgaben entwickelt.

Parallel zur Entwicklung des Kompetenztests wurden zur Erfassung klimarelevanter Einstellungen, Motivation und Verhalten bereits existierende Skalen gesichtet, ausgewählt und in einen Fragebogen kombiniert. Dieser wurde an einer Stichprobe von ca. 280 Schülerinnen*innen pilotiert und im Anschluss überarbeitet.

Ende des Schuljahres 2022/23 wurde das gesamte Messinstrument (Kompetenztest und Einstellungsfragebogen) bei einer Stichprobe von über 800 Neuntklässler*innen verschiedener Schularten in Baden-Württemberg eingesetzt. Mithilfe dieser Daten konnten wir Bereiche von Climate Literacy identifizieren, die in der schulischen Klimabildung bereits gut gefördert werden sowie Bereiche, die den Schüler*innen aktuell schwerfallen (z.B. Interpretation von grafisch aufbereiteten Informationen zum Klimawandel). Alle teilnehmenden Schulen bekamen eine Rückmeldung zum Stand der Climate Literacy ihrer Schüler*innen in den verschiedenen Bereichen im Vergleich zur Gesamtgruppe sowie ihrer Vergleichsgruppe (z.B. nur Gymnasien). Außerdem untersuchen wir aktuell Unterschiede zwischen verschiedenen Gruppen sowie Zusammenhänge verschiedener Konstrukte (z.B. kognitive und affektive Komponenten von Climate Literacy).

Zukünftige Meilensteine

Da der gesamte Kompetenztest mit 70 Minuten Bearbeitungsdauer sehr umfangreich ist, entwickeln wir mehrere Kurzskalen, die in verschiedenen Kontexten (z.B. Interventionsstudien) eingesetzt werden können. Außerdem möchten wir weitere Aufgaben nachentwickeln, um das Schwierigkeitsspektrum des Tests zu erweitern.

Im Rahmen einer Interviewstudie mit Lehrpersonen konnten wir den Bedarf nach einem Instrument identifizieren, mit dem Unterricht zu Themen des Klimawandels unkompliziert evaluiert werden kann. Daher planen wir die Umsetzung eines einfach zugänglichen Online-Fragebogens, den Lehrpersonen im Unterricht einsetzen können, um zuverlässige, anonyme und aggregierte Informationen zu interessierenden Konstrukten (z.B. Vorwissen, Motivation, Einstellungen, …) erhalten können.