Workshop „DI GE² – Digitalisierung gemeinsam gestalten“

Kaum ein Begriff prägt den derzeitigen gesellschaftlichen Diskurs wie jener der Digitalisierung. Die Digitalisierung als Herausforderung und Chance, als Arbeits- oder Forschungsfeld ist allgegenwärtig und scheint alle gesellschaftlichen Bereiche, von der Wirtschaft über die Politik hin zum Bildungssektor, zu betreffen. Das Strategiepapier der Kultusministerkonferenz „Bildung in der digitalen Welt“ oder der jüngst beschlossene „Digital-Pakt Schule“ sind politische Zeichen, Angebote und Handlungsaufforderungen diesen Wandel im Bildungssektor ernst zu nehmen, und zwar sowohl in der Schule als auch der Hochschule, in der Bildungsvermittlung ebenso wie in der didaktischen Forschung. Dies gilt auch für den hier im Fokus stehenden Bereich der historischen Wissensvermittlung.

Den in der Lehrkraftausbildung tätigen Hochschulen und den an der Lehrer/innenausbildung beteiligten Fächern (hier konkret das Fach Geschichte) stellen sich dabei gleich zwei Aufgabenfelder: Zunächst gilt es in der Forschung neue tragfähige didaktische Konzepte zu entwickeln, die den Anforderungen einer fachspezifischen Wissensvermittlung in der digitalisierten Welt gerecht werden. Zudem müssen angehende Lehrkräfte bereits in der ersten Phase der Lehramtsausbildung mit entsprechenden Konzepten, aber auch konkret mit digitalen Unterrichtsmedien in Kontakt kommen und den Umgang mit diesen erlernen. Um diese Aufgaben anzugehen, ist sowohl der Überblick über vorhandene Konzepte und bereits laufende Projekte, als auch der Austausch mit den letztendlich in der Praxis beteiligten Akteure/innen, beispielsweise Schüler/innen, Lehrkräften, Eltern und Personen aus dem Bereich der public history, unerlässlich. Genau hierin liegt das erklärte Ziel des Workshops, der durch Studierende eines Projektseminars an der PH Freiburg geplant und organisiert wird. Der Workshop soll Diskussionsraum für alle Akteur/innen der historischen Wissensvermittlung schaffen und somit den Austausch zum Thema Digitalisierung zwischen den schulischen, fachdidaktischen und öffentlichen Bereichen fördern.
Raum besteht dabei sowohl für die Vorstellung von konkreten Projekten und Erfahrungen mit digitaler Lehre, für die Diskussion wissenschaftlicher Ansätze oder politischer Rahmenbedingungen, als auch für konkrete Wünsche bzw. Forderungen, Befürchtungen und Kritik, die aus der bisherigen schulischen Praxis resultieren. Vor allem soll der Workshop Beteiligten aus dem Bildungssektor und der public history sowie an digitalen Lehrkonzepten Interessierten die Möglichkeit geben, ihre Erfahrungen auszutauschen und ihre Kräfte zu bündeln, um die bevorstehenden Herausforderungen zu meistern und vorhandene Chancen effektiv zu nutzen. Kritische Überlegungen, die aus didaktischer Perspektive, bildungspolitischen Beweggründen oder Bildungspraxis resultieren können, sind ausdrücklich willkommen.

In dem Workshop, der mit einer gemeinsamen thematischen Einführung beginnen wird, sollen sich in drei Panels Akteure*innen aus den verschiedenen Schularten, der Primarstufe, der Sekundastufe I und Sekundarstufe II, über die schulart-spezifischen Herausforderungen, vorhandene Ansätze oder bereits bestehende Projekte austauschen. Die Ergebnisse werden bei einer abschließenden Podiumsrunde vorgestellt, aufgegriffen und diskutiert. Interessierte aus allen Bereichen der historischen Wissensvermittlung sind dazu eingeladen, ein bestimmtes Panel des Workshops mit zu gestalten, entweder mit einem eigenen Beitrag oder als interessierte/r Diskutant/in. Mögliche Beiträge sind in ihrer thematischen Ausrichtung frei, solange diese dem Spektrum der Digitalisierung im geisteswissenschaftlich-historischen Bildungsbereich zuzuordnen sind. Die Veranstaltenden stellen zudem als Teile der Workshop-Panels konkrete Projekte oder Konzepte zur Diskussion, an welchen sich eingereichte Beiträge orientieren können. Als thematischer roter Leitfaden durch die Panels dient der Fokus auf den historischen Nahraum (u.a. Stadtgeschichte Freiburgs und des Umlandes; Stadtjubiläum 900-Jahre Freiburg 2020; Erinnerungskulturen in der heutigen Stadt). Dieses Leitthema soll als Hilfestellung für die Ausarbeitung möglicher Beiträge dienen, muss aber nicht zwangsläufig bedient werden.

Für das Einreichen von Beitragsvorschlägen (bis zum 15.2.2020), die Anmeldung zum Workshop (bis zum 15.03.2020) oder für inhaltliche und organisatorische Rückfragen wenden Sie sich bitte an workshopdigitalisierung@ph-freiburg.de

Übersicht über die einzelnen Workshop-Panels/ Schularten und mögliche Leitfragen:

Die hier aufgelisteten Leitfragen und Themen der einzelnen Workshops verstehen sich als Anreiz und Input durch die Veranstalter/innen. Sie können, müssen aber nicht Inhalt von möglichen Beitragsvorschlägen sein. Die hier skizzierten Themenbereiche werden durch die den Workshop organisierenden Studierenden in den Panels zur Diskussion gestellt.

Primarstufe:

Auch Grundschulen bleiben vom digitalen Wandel nicht unberührt. Die Ausstattung mit schnellem Internetzugang, mit neuen digitalen Medien wie Whiteboards oder mit online basierten Lernsystemen sind längst schulischer Alltag. Auch die historische Wissensvermittlung muss sich daher fragen, welche Formen digitalen Lehren und Lernens an Primarschulen gewinnbringend eingesetzt werden können. Dabei sind gerade an Grundschulen Fragen nach der Teilhabemöglichkeit (Medienkompetenz der Schüler*innen, Zugang zu digitalen Endgeräten durch das Elternhaus) und des Teilhabewillens an digitalen Endgeräten (berechtigte Vorbehalte gegenüber zu früher oder zu intensiver Nutzung digitaler Medien durch Grundschüler/innen) wichtige sozial-ethische Problemstellungen.

Ein konkretes zur Diskussion gestelltes Konzept ist:
„Flipped classroom – digitale Innovation für die Primarstufe?“

Das Konzept, welches bisher insbesondere an weiterführenden Schulen zur Anwendung kommt, basiert auf der „Umkehrung“ klassischer Lernphasen. Die eigentliche Lernstoffvermittlung erfolgt in Eigenarbeit durch die Schülerinnen, beispielsweise über digitale Medien und Lernvideos, während der nachfolgende Unterricht der Einübung und Vertiefung dient.

Folgende Fragen sind zur Diskussion angedacht:
- Eignen sich Konzepte wie flipped classroom für die Primarstufe? Welche konzeptionellen Änderungen sind für einen erfolgreichen Einsatz notwendig?
- Welche Primarstufenfächer sind für den Einsatz des Konzepts geeignet?
- Welche moralischen und ethischen Implikationen gilt es speziell in der Primarstufe zu berücksichtigen?
- Welche Bedeutung und Aufgabe fällt insbesondere der Primarstufe in Hinblick auf die digitale Medienbildung zu?

Sekundarstufe I und Sekundarstufe II:

Auch in diesen Panels sind jegliche passende Beiträge willkommen. Zudem wird konkret zur Diskussion gestellt:

Sekundarstufe I – „900 Jahre Freiburg.“ Stadtgeschichte digital erleben

- Wie können (regionale) Veranstaltungen öffentlicher historischer Bildungsarbeit wie im Zuge des Freiburger Stadtjubiläums 2020 in den Geschichtsunterricht einbezogen werden und welche Möglichkeiten bieten dabei digitale Lehr-Lern-Medien?
- Wie kann beispielsweise das Smartphone als alltägliches digitales mobiles Endgerät didaktisiert und zur Erschließung des urbanen Raums/ außerschulischer Lernorte genutzt werden? Welche Lernchancen und Herausforderungen ergeben sich durch dessen Einsatz?
- Welchen Lernmehrwert generieren digitale Medien für das Verständnis topographischer Begebenheiten und deren historischen Bedingtheit?
- Wie sinnig ist grundsätzlich die Erschließung außerschulischer Lernorte mittels digitaler Medien? Liegt nicht gerade in der direkten haptisch-körperlichen Begegnung mit dem Lernort außerhalb der Schule der didaktische Reiz?

Sekundarstufe II – „Digitale Erinnerungskultur.“ Zum Umgang mit der städtisch-öffentlichen NS-Vergangenheit in der digitalisierten Welt

- Wie verändern digitale Medien städtische Erinnerungskulturen? Welche neuen Möglichkeiten schaffen sie (z.B. virtuelle Stolpersteine; QR-Code oder GPS-gestützte Informationsvermittlung; Audioguides wie am Platz der Alten Synagoge Freiburg; etc.)?
- Welche Chancen, Risiken und Herausforderungen birgt deren Einsatz für Themen öffentlicher wie auch schulischer Geschichtsvermittlung, v.a. bezüglich sensibler historischer Unterrichtsgegenstände wie den Umgang mit der NS-Vergangenheit im städtischen Raum?
- Zentrales Element der Auseinandersetzung mit der NS-Vergangenheit und dem Holocaust im historischen Nahraum ist stets auch der Aspekt einer gewissen „Emotionalisierung“. Wie verhält sich der Einsatz digitaler/virtueller Medien an (oder anstatt) außerschulischen Lernorten zu dieser didaktischen Leitlinie?
- Wie ist in diesem Themenspektrum der Einsatz von virtual reality, auch im Vergleich bzw. in der Auseinandersetzung mit eher touristischen Angeboten der public history, zu bewerten?