Forschungsstelle Sexualität
Die Forschungsstelle Sexualität am Institut für Soziologie richtet eine soziologische Perspektive auf das Themenfeld Sexualität. Wir betrachten Sexualität als Gegenstand, der von multidisziplinären und heterogenen Zugriffen geprägt ist, aus einer kritischen Perspektive, in deren Verständnis gesellschaftliche Verhältnisse und Normativität als integraler Teil der Analyse zu begreifen sind. Unsere Forschungsansätze umfassen aktuell vornehmlich wissens- und professionssoziologische, kultursoziologische sowie geschlechtersoziologische Perspektiven. Ein besonderes Interesse gilt außerdem der Beschäftigung mit Professionsbereichen, die Sexualität zum Gegenstand haben.
Vor diesem Hintergrund arbeiten wir in empirischen Forschungsprojekten, der Hochschullehre und dem Wissenstransfer und bündeln Expertise zur wissenschaftlichen wie praktischen Auseinandersetzung mit dem Thema Sexualität.
Unsere Forschungsgebiete umfassen verschiedene Perspektiven und Gegenstandsbereiche:
Personen
Prof. Dr. habil. Sabine Flick, Leitung der Forschungsstelle
Jana Louisa Ammann, Doktorandin und Mitarbeiterin am Institut für Soziologie
Claudia Himmelsbach, Mitarbeiterin am Institut für Soziologie
Miriam Pietras, Doktorandin
Laufende Projekte
Laufzeit: Seit 9/2021, gefördert durch das Gender- und Frauenforschungszentrum der hessischen Hochschulen (gffz)
Das Projekt widmet sich der Frage nach sexueller Selbstbestimmung und der Ermöglichung dieser durch andere. Ziel des Projektes ist, die aktuelle Bedarfs- und Angebotslage nach passiver und aktiver sexueller Assistenz und Sexualbegleitung auszuloten und damit verbunden das Selbstverständnis derjenigen zu erfassen, die diese Begleitung anbieten. Leitend für das Projekt ist die Annahme, dass die Soziale Arbeit angesichts eines aktivistischen (Gegen)Diskurses, der zunehmend sexuelle Selbstbestimmung fordert, unter Zugzwang gesetzt wird, sich diesen Forderungen gegenüber zu verhalten. Wenn Soziale Arbeit darum bemüht ist, die Lebensqualität ihrer Adressat*innen zu verbessern, wie ist es dann um die Lebensqualität im Hinblick auf Sexualität bestellt? Sind die Fachkräfte der Sozialen Arbeit mit dem nötigen Wissen ausgestattet und auf welche normativen Vorstellungen von Sexualität rekurrieren Sie dabei? Wie ist es mit den Fachkräften, die aktive und passive Sexualassistenz anbieten? Ziel dieses Projektes ist dabei die Wissensordnungen der Fachkräfte in der Sozialen Arbeit im Hinblick auf Sexualität zu analysieren und auf Grundlage dieser Forschung einen Beitrag zu leisten, den vielfältigen Bedarfen der Adressat*innen langfristig gerecht zu werden.
Laufzeit: Seit 12/2021, gefördert durch die Koordinationsstelle für Geschlechterstudien und Gleichstellung/Elisabeth-List Fellowship Programm der Universität Graz, Mitarbeit: Miriam Pietras
Dieses Forschungsprojekt beschäftigt sich mit den Berufen, die Sexualität zum Gegenstand haben. Zentrales Anliegen des Projektes ist es, in einer professions- und wissenssoziologischen Perspektive die jeweiligen Konzepte von Sexualität und Gesundheit, die den unterschiedlichen Behandlungsrichtungen und Fachkulturen zugrunde liegen, zu analysieren und zu erheben, wer sich überhaupt in diesem Bereich engagiert. Wie und von wem wird Sexualität derzeit eigentlich bearbeitet? So divers die Angebote im Feld sind, so unterschiedlich sind auch die bisher dazu vorliegenden Daten. Es fehlt bislang ein grundlegender Überblick über alle im deutschsprachigen Raum Tätigen. Diese Lücke möchten wird im Projekt bearbeitet.
Promotionsprojekt "Wissensbestände, Deutungsmuster und Aushandlungskämpfe sexualpädagogischer Bildungsarbeit an Schulen" (Miriam Pietras, PH Freiburg)
Das Projekt beleuchtet die Praxis schulischer sexueller Bildung aus einer wissenssoziologischen Perspektive.
Forschungsziel ist, mittels ethnografischer Beobachtungen nachzuvollziehen, welche Wissensbestände und Deutungsmuster zum Themenkomplex Sexualität in diesem Kontext geltend gemacht werden.
Promotionsprojekt "Vergeschlechtlichte Subjektivierung in gelebter Sexualität" (Jana Ammann, PH Freiburg)
Im Rahmen meiner Dissertation beschäftige ich mich mit vergeschlechtlichten Subjektivierungsprozessen in gelebter Sexualität. Ausgehend von der Annahme diskursiver Formationen, innerhalb derer Bedingungen und Möglichkeiten von Geschlecht und Sexualität reguliert sind, sollen konkrete Deutungen, Praktiken und Aushandlungen des vergeschlechtlichten Sexuell-Seins empirisch ergründet werden. Wie wird Geschlecht in gelebter Sexualität ver- und ausgehandelt? Wie gelingen oder scheitern Prozesse der Einnahme oder Verkörperung hegemonialer Subjektpositionen? Ziel der Arbeit ist eine empirische Exploration be- und entstehender vergeschlechtlichter Subjektpositionen und sexueller Subjektivierungsprozesse sowie die Identifikation widerständiger, verhandelnder oder eigensinnig aneignender Subjektivierungsweisen.
Promotionsprojekt "Schutz & Raum – Kommunikation über Sexualität in Partner*innenschaften" (Janina Deborah Limberger, Albert-Ludwigs-Universität Freiburg)
Promotionsprojekt "Das leiblichaffektive Erleben der sexuellen und reproduktiven Gesundheitsversorgung"(Friederike M. Hesse, PH Freiburg)
Lehre
Professionalität im Umgang mit sozialen Benachteiligungen und Krisen der Lebensführung (Master Erziehungswissenschaft), Sabine Flick
Zunächst werden Grundlagen von Professionstheorien erarbeitet. Auf dieser Grundlage sollen dann Analysen zu Anforderungen an Professionalisierung in unterschiedlichen Arbeitsfeldern der Sozialen Arbeit/Sozialpädagogik durchgeführt werden. Im Fokus des Seminars steht das Thema Sexualität.
Alle gleich, alle verschieden? Soziale Unterschiede (Master Erziehungswissenschaft), Sabine Flick
In der Veranstaltung werden sozialwissenschaftliche Konzepte und Theorien erarbeitet, die für ein Verständnis der gesellschaftlichen Bedeutung von Heterogenität und Diversität relevant sind. Von zentraler Bedeutung sind Theorien, wie beispielsweise Theorien der Intersektionalität, die sich mit der Verwendung von Kategorien wie Geschlecht, Sexualität, Behinderung, usw. für die Herstellung, Begründung und Rechtfertigung von Privilegien und Benachteiligungen befassen.
Theoretische Grundlagen der Gender Studies (Bachelor Erziehungswissenschaft), Claudia Himmelsbach
In der Veranstaltung stellen wir zunächst grundlegende Fragen nach den gesellschaftlichen Konstruktionen von Geschlecht und darauf folgend den damit verbundenen Zuschreibungen, Reproduktion von (Gender)Identitäten und -normen sowie den gesellschaftlichen Auswirkungen auf Verteilung und Reproduktion von Macht in verschiedenen Bereichen wie etwa Bildung, Arbeit, Care. Dies geschieht in der kritischen Auseinandersetzung mit soziologischen Schlüsseltexten und vereinzelt mit biografisch-reflexiven Angeboten zur kritischen Auseinandersetzung mit dem eigenen Involviertsein in gesellschaftliche Macht-, Herrschafts- und Ungleichheitsverhältnisse in Bezug auf die Kategorie "gender" und ihrer Verschränkung mit weiteren Differenzkategorien.
Auch im Schlafzimmer nie ganz unter sich…? Soziologische Perspektiven auf Sexualität und sexuelle Bildung (Studium Generale), Jana Ammann
Sexualität ist mehr als Sex – sie wird sozial verhandelt und privat(isiert) gelebt, findet allein, zu zweit, zu mehreren statt, sie wird reguliert, reglementiert, relativiert und zuweilen revolutioniert. Seit Jahrzehnten ist sie Teil medialer Darstellungen, künstlerischer und alltäglicher Auseinandersetzung und auch wissenschaftlicher Betrachtung aus verschiedensten Perspektiven. Sie kann auf jeder sozialwissenschaftlichen Analyseebene betrachtet werden, zugleich scheint eine empirische Beforschung oft schwieriger als bei anderen Forschungsgegenständen – Möglichkeiten und Grenzen soziologischer Betrachtung werden besonders deutlich, wenn der soziologische Blick nur durch ein Schlüsselloch ins Schlafzimmer reicht, Normierungsprozesse und Wissensordnungen es aber vollständig durchdringen. Diese Prozesse und Ordnungen beeinflussen auch, wie, mit welcher Haltung und welchen Methoden welches Wissen zu Sexualität vermittelt wird, was als relevant, vernachlässigbar oder illegitim gilt. Die Lehrveranstaltung nähert sich soziologischen Betrachtungen von Sexualität und thematisiert ausgewählte Aspekte sexueller Bildung vor diesem Hintergrund.
Kooperationen
Arbeitskreis Gender, Kinship, Sexuality, Institut für Sozialforschung, Frankfurt am Main
Netzwerk Sexualität in der Sozialen Arbeit
Dr. Alexandra Ommert, Referentin für Fort- und Weiterbildung, Bundesgeschäftsstelle Bundesverband pro familia
Kontakt
Prof. Dr. habil. Sabine Flick
Tel.: +49 (0)761 682-590
E-Mail: sabine.flick@ph-freiburg.de
Adresse
Pädagogische Hochschule Freiburg
Institut für Soziologie
Kunzenweg 21
79117 Freiburg