Leitfadenbeispiel

Im Folgenden haben wir für Sie zur Anschauung und Inspiration ein Beispiel aus der Forschungspraxis bereitgestellt. In Abschlussarbeiten wird dieser Leitfaden meist im Methodenkapitel kurz umschrieben und dann der Thesis angehängt. Damit erlauben Sie einen transparenten Einblick in Ihr forschungsmethodisches Vorgehen.

Leitfadenbeispiel:

Expertengespräch mit einer pädagogischen Fachkraft im Forschungsprojekt

1.       Einstieg in ein Experteninterview: 

Kurze Vorstellung der eigenen Person, auf Aufnahme hinweisen, fragen, ob sie namentlich genannt werden darf, ansonsten auf Datenschutz und Anonymisierung hinweisen.

„Wie ich Ihnen schon vorab erzählt habe, führen wir derzeit eine qualitative Studie durch. Darin geht es uns um die Frage: Wie erleben Jugendliche Unterstützungsangebote, wenn sie in Cybermobbing-Konflikte geraten, und welche Unterstützungsangebote werden eigentlich als hilfreich eingeschätzt. Dafür haben wir eine ganze Reihe von Gruppendiskussionen mit Jugendlichen geführt. Mittlerweile liegen unsere Zwischenergebnisse vor, und jetzt geht es uns in der zweiten Projektphase darum, stärker nach der Perspektive von ExpertInnen zu dieser Thematik zu fragen. Sie haben ja jahrelange Erfahrung und auch ein eigenes Programm mitentwickelt, wie mit Mobbing-Konflikten in Schulen umgegangen werden kann. In unserer Studie geht es um Cybermobbing-Konflikte, bei denen es ja starke Verschränkungen gibt zwischen schulischen Konflikten und Problemen im Netz mit den gleichen Personen. Zentral ist dabei für uns die Frage, wie Cybermobbing-Konflikte durch pädagogische Fachkräfte angemessen begleitet werden können“.

2.       Deshalb würde ich Sie gerne zu Beginn erst einmal fragen,  ob Sie mir erzählen könnten wie das so abläuft, wenn Sie in Schulen gehen um dort die Intervention in Klassen, in denen  Mobbing ein Thema ist durchzuführen.  

  • Haben Sie vielleicht ein Beispiel in Erinnerung bei dem auch Cybermobbing eine Rolle gespielt hat, von dem sie mir erzählen können?
  • Was ist wichtig dafür, dass die Gruppe in einen positiven Prozess einsteigen kann?
  • Was ist ihr Eindruck, welche kritischen Momente gibt es in der Verhandlung bei den Jugendlichen?
  • Bei Cybermobbing ist es häufig ja noch deutlich schwieriger die Dynamik zu beenden als bei Mobbing. Was sind Ihre Erfahrungen dazu? Wie kann das gelingen?
  • Haben Sie vielleicht auch noch einen Fall vor Augen, von dem Sie den Eindruck hatten, dass er nicht ideal verlaufen ist?

3.       Wir beobachten bei uns in den Daten, dass der Großteil der Jugendlichen den Betroffenen von Cybermobbing auch die Schuld für ihre Lage gibt.  Wie gehen Sie im Gespräch mit den Jugendlichen damit um?

4.       In der momentanen Cybermobbing-Debatte wird ja viel über die Rolle der Dritten, also der BeobachterInnen, gesprochen. Sie sollen stärker aktiv werden und sich mit den Betroffenen solidarisieren. Wann kann das Ihrer Perspektive gelingen?

5.       In unseren Gruppendiskussionen haben wir auch Jugendliche befragt, die tendenziell eher auf der TäterInnenseite stehen. Da sind Appelle an Empathie ja auch eine heikle Geschichte, weil es eben darum geht, auf keinen Fall Mitgefühl mit den Betroffenen zu zeigen. Welche Erfahrungen machen Sie mit dieser Gruppe von Jugendlichen?

  • Was ist im Umgang mit den TäterInnen wichtig?
  • Es gibt ja auch Ansätze wie den no-blame-approach, die bewusst auf jede Form der Zuweisung von Schuld verzichten. Was sind aus Ihrer Erfahrung die Potentiale, aber auch die Grenzen bei einem solchen Vorgehen?

6.       Was denken Sie welche Ressourcen müssen die Jugendlichen grundsätzlich mitbringen um Mobbing-Konflikte gut bearbeiten zu können?

  • Was müssen die Betroffenen mitbringen?
  • Was müssen die anderen involvierten Jugendlichen mitbringen?

7.       Welche Erfahrungen machen Sie mit dem Ansatz, wenn Sie in den unterschiedlichen Schulformen agieren?

8.       Was würden Sie sagen, wann kommen Mobbing-Interventionen, wie Sie sie durchführen, an ihre Grenzen?

9.       Ich würde mich jetzt noch mal stärker für die Seite der Pädagoginnen interessieren. Was muss aus Ihrer Sicht an pädagogische Fachkräfte kommuniziert werden, damit diese in Cybermobbing-Konflikten angemessen handeln können?

10. Nun beschäftigen wir uns ja im Kern mit der Frage welche Formen von Unterstützung Jugendliche benötigen, wenn sie Cybermobbing erleben. Wo sehen sie grundsätzlich in den Unterstützungsstrukturen von Jugendlichen Entwicklungsbedarfe?

Falls noch Zeit ist: Gibt es noch etwas worüber wir noch nicht gesprochen haben, was aber für die Thematik noch relevant wäre?

Artikel verfasst von Debora Niermann (2014), Regine Langenbacher-König (2004)

Zitation:

Langenbacher-König, Regine (2004). Leitfadenbeispiel. QUASUS. Qualitatives Methodenportal zur Qualitativen Sozial-, Unterrichts- und Schulforschung. URL https://www.ph-freiburg.de/quasus/leitfadenbeispiel.html